Kunst und Musik im öffentlichen Raum Chur
29. Mai bis 30. Oktober 2016

Kappeler/Zumthor

«quasi batteria», 2016

Musikalische Intervention
Andi Möckli: Digitale Umsetzung und technische Beratung

Samstag, 6. August 2016, 11.00 Uhr, Premiere

7. August bis 2. Oktober 2016, 11.00, 14.00, 16.00, und 18.00 Uhr

Standort: Postplatz, Glockenspiel Jäggi Uhren & Juwelen AG

«con sordino», 2016

Musikalische Intervention

Samstag, 4. Juni 2016, 10.00 Uhr

Samstag 2. Juli, 10.00 Uhr

Samstag, 6. August, 10.00 Uhr

Samstag, 3. September, 10.00 Uhr

Samstag, 1. Oktober, 10.00 Uhr

Standort: Martinsplatz, Glockenturm Martinskirche

Die Pianistin Vera Kappeler und der Schlagzeuger Peter Conradin Zumthor arbeiten seit einigen Jahren an gemeinsamen Projekten und spartenübergreifenden, avantgardistischen Experimenten, die sich den gängigen Stilbezeichnungen meist just entziehen. An die Stelle von Zumthors Schlagwerk und Kappelers Piano treten in Chur temporär präparierte Glocken. Die Klangkünstler manipulieren zum einen das sakrale Geläut des Martinsturms und zum anderen – im profanen Kontext – das Glockenspiel am Postplatz.

An der zentrumsseitigen Hausfassade der Bijouterie Jäggi befindet sich seit Jahrzehnten ein mechanisches Glockenspiel. Eine Tonleiter bildend, hängen zwölf Glocken hoch oben an der Fassade über dem Juweliergeschäft, darunter bewegliche Figuren, zwischendrin eine Uhr. Die Churer kennen das Schauspiel, das längst zum integralen Bestandteil des Stadtbildes am Postplatz geworden ist. Es wird gehasst und geliebt. Es ist einfach da. Das Kunstprojekt »Am Ort» darf mit der Gewohnheit brechen und liefert akustische Nahrung sowie Gelegenheit zur Intervention für Kappeler|Zumthor. Die Musiker verändern den Klang der Glocken und programmieren neue Schlagabfolgen, wodurch sich das Glockenspiel in eine eigentümliche Perkussionsmaschine verwandelt. Die traditionellen Melodien werden verfremdet oder weichen urbanen, schlagzeugartigen Beats. Mit ihren Kompositionen verhelfen Kappeler|Zumthor dem Glockenspiel seit langem wieder zu einem bemerkenswerten Auftritt.

Die Gewohnheit eines Glockenklangs bildet auch den Ausgangspunkt für die zweite Intervention der Klangkünstler. Der Martinsturm und das Läuten seiner fünf Glocken sind zum Wahrzeichen der Altstadt, zum identitätsstiftenden Kulturgut, aber auch zur Selbstverständlichkeit geworden. Das Kirchengeläut soll daher einmal anders tönen dürfen. Sonor, obertonreich und sanft – «con sordino» – lassen Kappeler|Zumthor die Glocken erklingen. Der neue Klang tritt nicht hervor, sondern nimmt sich zurück und übt gerade dadurch eine magische Präsenz aus. Die Klöppel von Kirchenglocken sind wie übergrosse, eiserne Schlagzeugstöcke. Unterschiedlich beschaffene Stöcke sollen dem gleichen Klangkörper nun andere Klangfarben entlocken. Wie vom Winde hergetragen dringt der Klang aus den geöffneten Schallklappen, auch wenn man unmittelbar davor steht. Es lohnt sich, einen Augenblick innezuhalten um 10.00 Uhr und zu lauschen – in die Klänge, in die Stille – und Kirchenglocken bewusst als das wahrzunehmen, was sie im Grunde sind: Instrumente. Tonnenschwer, archaisch und ewig. Und wenn um 11.00 Uhr die Glocken des Martinsturms wieder wie gewohnt läuten, wird es für kurze Zeit weniger gewöhnlich sein.

Kurzbio

Vera Kappeler (*1974) studierte Klavier am Konservatorium Winterthur und schloss mit dem Lehrdiplom ab. Ausserdem nahm sie Unterricht an der Jazzschule Basel und entdeckte ihre Liebe für Volkslieder, alten Blues und Chansons. Neben ihren Soloauftritten konzertiert sie mit verschiedenen Projekten, wie dem Duo «Kappeler|Zumthor», dem Trio «Schallack», dem Trio «Bergerausch» und dem Quintett «La Nova». In ihren Soloprogrammen «Vera Kappeler spielt Paul Burkhard» und «Grossmutters Flügel» verbindet sie ihr Interesse für alte Chansons, Schweizer Liedgut, einfache Tanz- und Tischmusik sowie alte Musikautomaten mit ihrem Hang zu Klangexperimenten und eigenwilligen Arrangements. Die Pianistin und Harmoniumspielerin arbeitet auch regelmässig als Theatermusikerin.

Der autodidaktisch ausgebildete Schlagzeuger Peter Conradin Zumthor (*1979) ist seit Jahren auf nationalen und internationalen Bühnen mit ungewöhnlicher und innovativer Musik präsent. Er ist Initiant von zahlreichen Projekten und Formationen über die Landesgrenzen hinaus. Sein Betätigungsfeld reicht von Uraufführungen neuer Musik, dem Komponieren eigener Musik, Solokonzerten, Theatermusik, Kinderprogrammen, Musikinstallationen über Vertonung von Literatur bis hin zur reinen Improvisation. Seit 2010 bildet er zusammen mit der Pianistin Vera Kappeler das Duo Kappeler|Zumthor, welches seither mehrere unterschiedliche, auch spartenübergreifende Programme erfolgreich zeigen konnte. 2014 erschien auf ECM die erste CD «Babylon Suite».

www.kappelerzumthor.ch

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