Kunst und Musik im öffentlichen Raum Chur
29. Mai bis 30. Oktober 2016

Bob Gramsma, «drifted pit, OI#16231», 2016, Ford Taunus Ghia, bewehrter Beton, Schneeschalung, 455 x 195 x 250 cm, Bild © Ralph Feiner

Bob Gramsma

«drifted pit, OI#16231», 2016

Ford Taunus Ghia, bewehrter Beton, Schneeschalung, 455 x 195 x 250 cm
Standort: Masanserstrasse 2 (Stadthaus)

«Drifted pit, OI#16231» – eine aussergewöhnliche Erscheinung, die Verwunderung auslöst. Die Arbeit Bob Gramsmas versetzt Betrachterinnen und Betrachter in eine Befindlichkeit, die zwischen Träumen und Wachsein oszilliert. Der Blick sucht nach einer plausiblen Erklärung für das surreale Ensemble: Ein monumentales Gebilde aus Beton stülpt sich nahtlos über die Fahrgastzelle eines Ford Taunus Ghia. Die Karosserie des Personenwagens droht unter dem Gewicht zu zerbersten. Es ist die unkonventionelle Verbindung – die Verschmelzung eines Designklassikers und des von Gramsma als «Kokon» bezeichneten Objekts –, welche fiktionales Potenzial birgt und vielfältige Assoziationen hervorruft. Konkret handelt es sich beim «erratischen Loch» um die Materialisierung eines Hohlraums. Einem Findling gleich, wurde Gramsmas Skulptur durch Schnee hervorgebracht – durch Schnee, der die Karosserie bedeckte und im Laufe des Schmelzprozesses eine vom Künstler gegrabene und in Beton abgegossene Höhlung freigab. Die hohle, nach oben hin offene Form wird einerseits zum Behälter ambivalenter Emotionen und andererseits zum Objekt für raumtheoretische Überlegungen. Es entsteht ein gedanklicher Diskurs des Draussens und des Drinnens, der zusammen mit dem Auto verdeutlicht, dass Raum nicht als gegebene Konstante zu verstehen ist, sondern als dynamisches Gefüge, das durch Interaktion erzeugt wird. Gramsmas Arbeit ist Raum ohne Architektur – es formen sich Räume, sie durchdringen sich und lösen sich wieder auf. Mysteriös an der künstlerischen Intervention ist auch die Nummerierung – OI#16231. Sie suggeriert, dass das Werk als Fragment eines Grösseren oder Weiterführenden zu reflektieren ist. Liegt Gramsmas Arbeit ein System zugrunde? Der Künstler liefert keine Antworten. Mit seiner bewusst widersprüchlichen Arbeit regt er vielmehr an, vorgegebene Ordnungen zu überdenken und den subtilen Drift zwischen Fiktion und Friktion zu erfahren.

Kurzbio

Bob Gramsma (*1963) bewegt sich seit den 1990er Jahren im Feld einer räumlich-skulpturalen Praxis und befasst sich in unterschiedlichen Medien mit der Erforschung von Raumgefügen und den Aspekten ihrer Wahrnehmung. In seinen Werken zeigt sich eine obsessive Sensibilität gegenüber der untrennbaren Beziehung des Einzelnen zur räumlichen und skulpturalen Umgebung als Orte der Lust – plaisir nicht im Sinne der Befriedigung oder Enthüllung, sondern als Intensivierung und Erneuerung per se. Der Gestus des Grabens und das Motiv der offenen Form ziehen sich dabei durch sein gesamtes Werk und zeigen auch das im Verborgenen bereits Vorhandene. Der Künstler beeindruckt immer wieder mit seiner Fähigkeit, festgefahrene Vorstellungen und Sehkonventionen in einer philosophisch-hintergründigen und einer unmittelbar emotionalen Herangehensweise zu unterwandern.

www.bobgramsma.com

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